Batteriewechsel

Anlässlich der Veröffentlichung des Google Nexus One hat Guy Kawasaki eine Liste von 13 Punkten aufgestellt, in denen er festhält, was am Nexus One seiner Meinung nach besser gelöst ist, als bei Apples iPhone. Einer der unvermeidlichen Punkte so einer Liste ist der Punkt, dass das iPhone eine Batterie hat, die (offiziell) nur der Service wechseln kann. Obwohl Guy und all die anderen, die die Batterie bei keinem iPhone-Vergleich vergessen, natürlich recht haben, wenn sie sagt, dass es gut ist, wenn man die Batterie jederzeit wechseln kann, sage ich: Es zwar gut, aber letztlich völlig egal!

Der Manager

Wenn ich mir vorstelle, wie das tägliche Leben eines Menschen aussehen muss, der darauf angewiesen ist, im Laufe eines Tages die Batterie seines Handys mindestens einmal zu wechseln, dann fällt mir als erstes ein Manager ein, der Stunde um Stunde am Telefon hängen und Leute koordinieren muss. Dann fällt mir ein, dass solche Manager in der Regel in einem schicken Büro sitzen, wo sie beim Telefonieren viel Geld sparen könnten, wenn sie anstelle des Handys ihr Festnetztelefon benutzen. Vorausgesetzt, die Batterien des schnurlosen Telefons werden nicht gerade gewechselt.

Aus Gründen, die hier nicht zur Debatte stehen, ist der Manager also den ganzen Tag nicht im Büro sondern er ist außer Haus. Vermutlich aus dem Weg von einem Kunden zum anderen. Unterwegs spricht er sich mit Kunden, Angestellten und Lieferanten ab. Mein inneres Auge lässt diesen Managers dabei in einem großen Auto, vermutlich einen Mercedes, sitzen. Dass er dabei keine Punkte in Flensburg riskieren kann, liegt auf der Hand, schließlich ist er auf den Führerschein angewiesen. Sein Handy ist also in der Ladeschale und er spricht über die Freisprecheinrichtung. Ob er die Batterie seines Autos nach ein paar Jahren in der Werkstatt wechseln lassen wird oder ob er selbst zunächst Anzug gegen Blaumann und danach Batterie gegen Batterie wechselt, darüber zerbricht er sich dabei bestimmt nicht den Kopf.

Der dauertelefonierende Manager sitzt also weder im Büro noch fährt er mit dem Auto. Im Flugzeug könnte er nicht telefonieren, also ist er entweder den ganzen Tag zu Fuß unterwegs (unwahrscheinlich), sitzt stundenlang im Taxi (möglich, aber aufgrund der Kosten auch unwahrscheinlich) oder er muss weite Strecken im Zug zurücklegen. Schon aus Zeitgründen fährt ein Manager die meisten Strecken mit dem ICE. Hat der Manager Pech, dann sitzt er im ICE 2, bei dem es Steckdosen nur an den Tischplätzen gibt. Will er dann nicht auf eine externe Ladeeinheit zurückgreifen, dann ist eine jederzeit wechselbare Batterie tatsächlich angebracht.

Damit ist offensichtlich, dass ich nicht abstreiten kann, dass es Leute gibt, für die eine wechselbare Batterie ein Kaufkriterium ist. Wäre dies hier kein Artikel sondern ein Vortrag, ich würde jetzt darum bitten, dass all diejenigen aufstehen, die zumindest gelegentlich in einer Situation sind, aufgrund derer sie eine Ersatzbatterie einsetzen können wollen. Ich vermute, dass es etwa 10-20% der Zuhörer wären, die stünden. Dann würde ich darum bitten, dass alle diejenigen wieder Platz nehmen, die für ihr aktuelles Handy keinen Zweitakku besitzen. Vielleicht würde ich jetzt durchs Publikum gehen und eine Hand schütteln. Vielleicht gäbe es auch keine Hand zu Schütteln.

Dauertelefonierer, die unter Tags zwei oder gar drei Batterien leertelefonieren sind selten, haben aber ein berechtigtes Interesse an einer wechselbaren Batterie. Kommmt man in der Diskussion um die fest verbaute Batterie so weit, dass der Gegenüber einräumt, dass er diesen Bedarf nicht hat, kommt schnell mit dem zweiten Grund eine Batterie zu wechseln: Der gealterten Batterie.

Mama, Telefon!

Handys veralten noch schneller, als Computer. Nach drei Jahren kaufen sich die meisten ein neues Handy. Etwa ein Drittel kauft das Handy durch eine Verlängerung der Vertragsbindung schon nach zwei Jahren. Die alten ausgedienten Handys wandern in eine Schublade, ins professionelle Recycling oder sie gehen an Familienmitglieder. In der Schublade ist der Akku nicht mehr wichtig, beim professionellen Recycling wird das Gehäuse ohnehin geöffnet, das Innenleben gereinigt und das Handy weiterverkauft oder das Gerät wird endgültig zerlegt. Wird das Gerät weiter benutzt, dann muss irgendwann der Akku ersetzt werden.

Egal ob das Telefon an Familienmitglieder weitergegeben wird oder ob man es selbst weiterbenutzt: Nach zwei Jahren ist die Gewährleistung abgelaufen und die Garantie in der Regel auch. Wenn die Batterie keine ausreichende Kapazität mehr besitzt, was bei heutigen Akkus frühestens nach zwei Jahren passieren sollte, dann muss man nicht den – zugegebenermaßen teuren – Austausch durch den Hersteller wählen. Es spricht kaum etwas dagegen, die Batterie selbst auszutauschen. Dass das selbst beim schraubenlos verschlossenen iPhone kein Hexenwerk ist, sieht man, wenn man einen Blick ins Internet wirft: Es gibt zahllose Anleitungen. Eine entsprechende neue „Original-Batterie“ vom deutscher Versender (wegen Haftung und Gewährleistung) habe ich in kürzester Zeit für unter 15€ gefunden. Inklusive Versandkosten und Montagewerkzeug.

Gruppendynamik

Die große Masse derer, die den Akku wechseln können wollen, tun das nie. Sie haben es beim letzten Handy nicht getan, sie tun es nicht beim aktuellen Handy und aller Voraussicht nach werden sie es auch beim Nächsten nicht tun. Trotzdem ist die Gruppe immer zu hören und sie ist laut. Ich glaube, der Manager in Fernzügen ist in dieser Gruppe nicht zu finden. Er schauen sich das Handy an, erkennen, dass es für ihn nicht das richtige Werkzeug ist und kauft ein anderes Gerät.

Die Gruppe entsteht aus einer seltsamen Form der Gruppendynamik: Die Mitglieder wechseln den Akku nicht, hören aber von überall, dass es wichtig wäre, ihn wechseln zu können. Also muss es schlecht sein, wenn die Batterie „fest verbaut“ ist, auch dann, wenn sie garnicht fest verbaut ist, sondern nur nicht ohne Werkzeug zu wechseln ist.

Über das iPhone kann man viel schlechtes sagen: Es ist teuer, viele wichtige Funktionen sind erst sehr spät implementiert worden und vielen geht die AppStore-Politik von Apple gegen den Strich. Wenn sich über die Batterie nur die beschwerten, die über die Lebenszeit ihres vorherigen Handys die Batterie mehr als einmal gewechselt haben, dann kämen wichtigere Themen vielleicht schneller zu ihrem Recht.

Wer weiß, vielleicht hat ja schon das nächste Android-Handy eine interne Energiezelle, die man nicht mehr einfach so wechseln kann.