Kapitel 2
2 Systemmanagement
In der Vergangenheit wurde es immer schwieriger, sogar fast unmöglich, die vorherrschende EDV-Landschaft optimal in den Griff zu bekommen. Besonders in großen Firmen wuchs die Zahl der PCs und Server immer weiter an, und es konnte sehr schwierig werden, alles unter einen Hut zu bringen und zu managen.
Je größer ein System ist, desto undurchsichtiger ist es auch. Alle Komponenten sind voneinander abhängig, d.h. wenn ein Problem an irgendeiner Stelle auftritt, sind davon meist auch viele andere Komponenten betroffen.
Ein gutes Beispiel ist hier der Netzwerkbereich: Der Ausfall eines einzelnen Gerätes, zum Beispiel eines Routers, kann fatale Folgen für das gesamte Subnetz haben. Genau hier kommt das Thema "Systemmanagement" zum Tragen. Damit bezeichnet man, einfach gesagt, die Wartung, Organisation und Kontrollieren von umfangreichen Systemen und Client/Server-Strukturen.
Mit Hilfe eines Systemmanagement Systems wird versucht, diese oben genannte Undurchsichtigkeit wesentlich zu bessern, und die Administration des Gesamten zu vereinfachen. In den folgenden Kapiteln werden nun beispielhaft einige der größten Probleme geschildert, und es wird aufgezeigt, welche Lösungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.
2.1 Probleme und Forderungen
Eines der größten Probleme stellte und stellt die immer weiter wachsende Anzahl an PCs und Server dar. Es gibt immer mehr Rechner und immer mehr Hardware, so daß der Überblick schnell verloren geht.
Beispielsweise sind im Regensburger BMW Werk derzeit ca. 1600 Windows NT Workstations im Einsatz, hinzu kommen noch etliche Windows NT und Unix Server. Auch einige Unix Workstations sind im Einsatz.
Aus dieser gewaltigen Zahl an Geräten ergeben sich natürlich auch wieder viele andere Probleme. Zum einen ist es unmöglich, alle diese Rechner auf einem gemeinsamen technischen Stand zu halten, d.h. überall sollten die gleichen Softwareversionen im Einsatz sein und auch die Hardwarekonfigurationen sollten sich auf aktuellen Stand befinden (z.B. in Bezug auf Prozessor oder Arbeitsspeicher). Besonders die unterschiedlichen Softwareversionen können Probleme bereiten, wenn das Dateiformat der neuen Version nicht zur alten kompatibel ist (so geschehen beim Umstieg von Microsoft Office 4.x auf Office 95). Hier ist ein System notwendig, mit dem die Programme aus der Ferne installiert bzw. verteilt werden können.
Aber um die Produkte zum anderen auf einen gemeinsamen Stand zu bringen, müssen diese zunächst möglichst komplett katalogisiert und inventarisiert werden, was aber "zu Fuß" unmöglich ist, da sich in kürzester Zeit viel zu viel ändert. Ständig kommen neue Programmversionen auf den Markt und da es jedem Anwender möglich ist, seine Programme selbst zu installieren, kann nichts mitprotokolliert oder aufgezeichnet werden.
Eine weitere Erschwernis bereitet die geforderte hohe Verfügbarkeit der Serversysteme. Bei vielen der Server im Produktionsbereich muß eine nahezu 100%ige Verfügbarkeit garantiert sein, da jeder auch noch so kurze Ausfall sehr teuer werden kann.
Derzeit gibt es aber nur wenige Möglichkeiten, einen Server umfassend zu überwachen. Es gibt zu viele Ursachen und Fehler, wie beispielsweise abgebrochene Prozesse, Hardwarefehler, zu hohe Netzwerklasten oder einfach nur ein volles Dateisystem. Anhand einer Checkliste könnten zwar die Server und Workstations regelmäßig auf die gröbsten Probleme hin untersucht werden, aber aufgrund der immer weiter steigenden Rechnerzahl ist eine Überwachung "per Hand" nicht mehr praktikabel.
Eine auch immer häufiger gewünschte Funktion ist ein System zur Fernwartung und Fernsteuerung von Rechnern, v.a. beim Einsatz für den User Helpdesk. Bisher müssen die Betreuer aus dem Benutzerservice in vielen Fällen zu dem Problemfall direkt vor Ort gehen, es läßt sich ja leider nicht alles per Telefon regeln. Hier ist eine Remote Control Funktionalität natürlich sehr erwünscht.
Es gibt bereits zahlreiche Programme und Utilities, mit denen sich dies bewerkstelligen ließe, aber meist mangelt es hier an notwendigen Funktionen oder Sicherheitsvorkehrungen. Es soll ja schließlich nicht einer der Vor-Ort-Betreuer (die Administratoren innerhalb einer Abteilung) per Remote Control auf die zentralen Fileserver zugreifen können. Ein Schutz auf Paßwortebene reicht hier nicht mehr aus.
2.2 Mögliche Lösungsansätze
Für viele dieser Probleme gibt es bereits Programme, die bei der Lösung helfen können. Besonders im Windows-Bereich gibt es viele verschiedene Produkte für Remote Control, Inventarisierung und Softwareverteilung bzw. Software Distribution, wie etwa den Intel LANDesk Manager, Wired for Management oder PC-Duo.
Auch viele der anderen Probleme lassen sich in Ansätzen relativ gut mit anderen Produkten lösen und sogar selbst implementieren, etwa die Überwachung der Unix-Server. Hier könnte leicht mit Hilfe von Shell-Scripts oder Perl-Scripts und einem geeigneten Scheduler (z.B. crontab) eine funktionierende Überwachung aufgebaut werden. Ein reibungsloses Zusammenspiel einzelner Komponenten ist dann aber kaum mehr machbar, vieles muß in mehreren Programmen immer doppelt gemacht werden (z.B. das Anlegen der Benutzerkennungen und Rechte).
2.3 Tivoli: Ein universelles Programm
Speziell vor dem Hintergrund der immer stärkeren Zunahme der vernetzten Arbeitsplätze und verteilter Server sowie der ständig steigenden Komplexität der Anwendungen muß die Betreibbarkeit der Client/Server-Strukturen weiterhin gesichert sein.
Daher war man in der BMW AG auf der Suche nach einem universellen Tool, das all die genannten Probleme (und noch viele andere) bewältigen kann, oder zumindest das Potential dazu bietet.
Da nicht nur das Regensburger BMW Werk von diesen Problemen betroffen war, mußte eine einheitliche Entscheidung für die gesamte BMW AG getroffen werden. Es sollte auch ein problemloser Austausch der Daten bzw. Ergebnisse und ein reibungsloses Zusammenspiel auf höchster Ebene möglich sein, daher war in der Münchner Zentrale eine Abteilung mit diesem Problem betraut.
Die Wahl fiel schließlich auf das Produkt "Tivoli" von der Firma Tivoli Systems Inc. (Tivoli Systems Inc. ist eine 100%ige Tochter der IBM Corp.).
Tivoli ist ein sehr mächtiges und sehr umfangreiches System und dennoch für den Anwender relativ einfach zu bedienen und überschaubar.
Mit Hilfe von Tivoli kann man von einem zentralen Server aus alle nur denkbaren Systeme überwachen und steuern, dazu gehören unter anderem Microsofts Windows 95 und Windows NT, IBMs AIX, Suns Solaria, Silicon GraphicsTM IRIX, Hewlett-Packards HP/UX und IBMs OS/2. Außerdem bietet das System eine nahezu nahtlose Integration in andere, bestehende Systeme, wie etwa:
- IBM NetView 6000 (Netzwerkmanagement)
- IBM Adstar Distributed Storage Manager, ADSM (Backupsystem)
- Oracle (Datenbank)
- Netscape SuiteSpot Server (Internet/Intranet)
- IBM MQSeries (Datentransportsystem)
- SAP R/3
- APS Remedy (Problemerfassung)
Ein weiterer wesentlicher Vorteil des Tivoli Management Environment (TME) ist der große Funktionumfang und die hohe Ausbaufähigkeit. Bisher waren meist mehrere verschiedene Programme für die verschiedenen Anforderungen eines Großunternehmens im Einsatz:
- Remote Control: z.B. PC-Duo
- Inventarisierung: z.B. Intel LANDesk Manager
- Softwareverteilung: z.B. Intel LANDesk Manager
- Überwachung und Monitoring: z.B. RZ-Technik und Shell-Scripts
- Netzwerkmanagement: z.B. IBM NetView 6000
- Datenbank Management: z.B. Oracle Enterprise Manager
Diese Gesamthaftigkeit findet sich bei keinem anderen System. Tivoli bietet Zugriff auf alle Komponenten unter einer einheitlichen Oberfläche, die Administratoren müssen also nicht unterschiedliche Programme für unterschiedliche Einsatzzwecke beherrschen lernen.
In manchen Bereichen gibt es zwar mit Sicherheit bessere Tools als das Tivoli Management Environment, aber die Tatsache, daß hier alles unter einer einheitlichen Oberfläche erreichbar ist, macht vieles wieder wett.
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